Fachstudentin T.E. (23 Jahre)

Also ich fange jetzt mal von hinten an, oder von vorne, je nachdem, wie man es sieht. Der Mensch ist ein geistiges Wesen, welchem die Freiheit geschenkt wurde. Frei zu sein heisst nicht, etwas besonders gut zu können, es bedeutet, das Ganze, besser gesagt, das Potenzial zu allem in sich zu haben. Mir hat die Vorstellung viel gebracht, dass die Hand des Menschen das Abbild aller Hände aller Lebewesen aufeinander projiziert ist. Eine menschliche Hand eignet sich weder gross zum Schwimmen, zum Fliegen, zum Zupacken, filigrane Sachen auszuführen etc. Eine menschliche Hand hat aber die Freiheit, sich in alles hinein zu fühlen. Der Mensch ist ein geistiges Wesen, da es alle geistigen Impulse, welche sich in der Geschichte der Lebewesen geformt haben, in sich trägt. Ich möchte dies ein bisschen mit Beispielen darlegen.

Was ich mich schon als Kind oder als Jugendliche immer gefragt habe, ist, wie dieser Schritt vom Physischen ins Lebende entstehen konnte. Dieses erste Bakterium, welches einfach gelebt hat. Ursuppentheorien sind schön und gut, aber den zündenden Funken zum Leben können sie nicht erklären. Wenn mich jemand fragte, ob ich gläubig sei, war das meine Antwort. In diesem kleinen Funken, den es gebraucht hat, war für mich der geistige Impuls, Gott ‒ oder wie man es auch nennen mag ‒ die einzige Erklärung. Ein geistiger Impuls zum Leben. Ich lebe.

Jahrmillionen später begannen sich die Bakterien zu bewegen, bildeten mehrere Zellen, begannen spezialisierte Zellen zu bilden. Ich bewege mich.

Wiederum Jahrmillionen später begannen die Fische und andere Meereslebewesen bewusste Bewegungen zu machen. Sie begannen, sich von der Aussenwelt zu ernähren. Sie lösten sich auf eine gewisse Weise vom Kosmos, wurden irdischer. Sie lebten nicht mehr nur von Licht und CO2, sondern von Pflanzen, anderen Tieren. Sie beginnen eine Hülle zu bilden mit einem Innenraum. Einen Innenraum mit einer Dynamik. Sie nehmen auf, verarbeiten, scheiden aus. Es entsteht in diesem Innenraum ein eigener Kosmos. Der Kosmos wurde verinnerlicht: Das Auf- und Untergehen der Sonne, des Mondes, der Planeten findet in dem Lebewesen statt … Sympathie, Antipathie, Rhythmus. Ich ernähre mich.

Der Fisch steigt aus dem Wasser und bildet eine Hülle. Eine Hülle, welche im Angesicht mit dem Wind besteht und nicht austrocknet, sondern durch die Atmung durch die Nase einen Weg findet, ihn zu integrieren, mit all seinen Wirbeln und von seiner Kraft zu leben. Ich atme.

Das Reptil beginnt sein Haupt zum Himmel zu richten. Wenn es nicht rennt, hebt es seinen Kopf, um sich einen Überblick zu verschaffen. Seine Eier mit einer festen Schale versteckt es an einem sicheren Ort. Ich schaue. Der Vogel beginnt zu singen. Er singt sein Seelenwesen aus sich heraus. Er tönt. Er fliegt, erschliesst und schafft Räume. In der Luft, in der Auseinandersetzung mit dem Boden. Ich töne.

Das Säugetier beginnt, sein Hirn aufzufalten und sich innerhalb seines Lebens weiterzuentwickeln. Es kümmert sich um seine Jungen, säugt sie, gibt ihnen Informationen, über die Milch genauso wie über Vorzeigen und Imitieren. Soziale Formationen entstehen. Nicht nur Fischschwärme, wo sich einzelne Tiere nicht unterscheiden, sondern in ihrer Gruppenintelligenz mitschwimmen. In einem Wolfsrudel gibt es das Alphamännchen, seine Frau, Kinder, Ausgegrenzte, Zurückgelassene usw. Affen lausen sich gegenseitig, damit es der andere auch für ihn tut. Sie bilden Freundschaften, trauern … Ich entwickle mich.

Ein Spiel von rauf und runter, Licht und Dunkelheit, aus dem Wasser, auf die Erde, in die Lüfte, auf den Boden …